zur Hauptseite

 

Forschung in der Homöopathie

von Dr. med. Marco Righetti, Zürich

 

 

Unter dem Titel „Homöopathie: Grundlagen, Anwendungsgebiete und mögliche Ansätze zu Forschungsstudien“ hat der Autor im September 1999 als Beitrag des Schweizerischen Vereins homöopathischer Aerztinnen und Aerzte (SVHA) eine ausführliche Arbeit zur Homöopathieforschung verfasst und dem „Programm Evaluation Komplementärmedizin“ (PEK) eingereicht. Mit dem PEK soll das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) die Konsequenzen der provisorischen Zulassung von 5 Methoden der Komplementärmedizin zur sozialen Krankenversicherung dokumentieren und den sogenannten WZW-Nachweis bis im Jahr 2005 abklären. Darunter versteht man den Nachweis von Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit dieser Methoden.

Im Vergleich zur Originalarbeit ist im folgenden Text die Einleitung stark gekürzt, und im Kapitel 4.2. über die „Ansätze zu zukünftigen Forschungsprojekten“ werden unter 4.2.3.lit.II die zurzeit u.a. in Deutschland laufenden grossen Versorgungsstudien etwas ausführlicher besprochen. Die Beilagen sind in der vorliegenden Version nicht dabei.

 

Wenn man sich mit der Problematik der Homöopathieforschung auseinander setzen und diese – auch im Rahmen des PEK – evaluieren will, so sind unseres Erachtens für ein konstruktives Weiterkommen die folgenden Schritte bzw. Kapitel dieser Arbeit notwendige Grundvoraussetzungen:

 

Kapitel 1: Unabdingbare Voraussetzung zur Evaluation eines Forschungsgegenstandes sind gewisse Grundkenntnisse desselben. Das erfordert eine kurze Einführung in die Grundlagen der Homöopathie.

Kapitel 2: Aus den Grundlagen ergeben sich gewisse Forschungsprobleme. Eine Einführung in die Forschungsproblematik in der Homöopathie stellt den 2. Schritt dar.

Kapitel 3: Der aktuelle Stand der Forschung in der Homöopathie ist natürlich ebenfalls notwendige Voraussetzung für die Diskussion und Formulierung zukünftiger Forschungsstrategien.

Kapitel 4: Erst in Kenntnis der bisherigen Schritte sind wir fähig, über zukünftige Forschung in der Homöopathie zu reden.

 

 

 

1.      Grundlagen der Homöopathie

 

 

Wie die Schulmedizin beruht die Homöopathie auf exakter Beobachtung. Die Art der Beobachtung und die Vorgehensweise in der Homöopathie sind aber derart anders als in der Schulmedizin, dass nur die Kenntnis der wichtigsten Grundlagen der Homöopathie erlaubt, sich einigermassen ernsthaft  mit der Forschungsproblematik, der Interpretation der bisherigen Forschungsergebnisse und der Planung zukünftiger Forschungsprojekte in der Homöopathie auseinander zu setzen.

Beilage 1 gibt einen Ueberblick über die Grundlagen der Homöopathie.

 

2.      Forschungsproblematik in der Homöopathie

 

 

In Kenntnis der Grundlagen der Homöopathie lassen sich im Hinblick auf ihre Erforschung und Evaluation folgende Schwierigkeiten und Probleme ableiten:

 

Schulmedizin und Homöopathie sind zwei grundverschiedene Systeme, in denen die Begriffe von Gesundheit und Krankheit anders definiert, und in denen die Arzneitherapie, angefangen von der Arzneiherstellung, über die Arzneimittelprüfung, die Art und den Bereich ihrer Anwendung, bis hin zum Therapieziel, jeweils völlig anders strukturiert sind.

 

Die Homöopathie ist eine eigenständige Heilwissenschaft, die nicht auf ein ihr fremdes Forschungsverständnis reduziert werden kann, ohne dabei ihr Wesen aufzugeben. Die Schulmedizin beurteilte bisher die Homöopathie nur nach ihrem eigenen wissenschaftlichen Vorverständnis, das in der offiziellen medizinischen Lehrmeinung begründet und von deren wissenschaftstheoretischen Voraussetzung geprägt ist. Der etablierten medizinischen Lehrmeinung und Forschung fehlen die wissenschaftlichen Voraussetzungen, um die Homöopathie und deren Heilwirkung, die sich nicht im Bereich der konventionellen Biochemie und Pharmakologie, sondern in feinstofflich-qualitativen Bereichen der Natur bewegt, zu beurteilen. Das strenge Individualisationsprinzip der klassischen Homöopathie verweigert eine Standardisierung der Arzneitherapie und Typologisierung der Krankheiten zu generell anwendbaren, überindividuellen, klinisch-diagnostischen Kategorien (RIGHETTI 1988). Jeglicher Versuch, die Homöopathie der ausschliesslichen Observanz der Schulmedizin auf Wissenschaftlichkeit zu unterwerfen, muss deshalb scheitern, insbesondere wenn es um die Frage nach Möglichkeiten und Nutzen der Homöopathie in der medizinischen Grundversorgung geht.

 

Ausgehend vom Individualitätsprinzip gibt Beilage 2 (RIGHETTI 1988: S.40-45) einen Einblick in die Schwierigkeiten, die durch die Besonderheiten der Homöopathie für ihre experimentelle und klinische Forschung resultieren. Die Unterschiede im Stellenwert der mit konventioneller Methodik erzielten Forschungsergebnisse in Schulmedizin und Homöopathie werden dabei ebenso ersichtlich wie die Schwierigkeiten in der Uebertragbarkeit gängiger Forschungsansätze, insbesondere der kontrollierten, randomisierten Doppelblindstudie. Derartige Ansätze verunmöglichen eine homöopathische Behandlung unter natürlichen Praxisbedingungen.

 

 

 

 

3.    Aktueller Stand der Forschung in der Homöopathie

 

 

3.1.    Einleitung

 

Seit Ende der 80er Jahre (POITEVIN 1987, RIGHETTI 1988, WALACH 1986) wurde meines Wissens die homöopathische Forschung nie mehr systematisch aufgearbeitet. Ueberhaupt noch nie wissenschaftlich aufgearbeitet wurden die zahlreichen Falldarstellungen, die seit 200 Jahren in der homöopathischen Literatur beschrieben wurden. Fast ebenso wenig aufgearbeitet wurden z.B. die Berichte über die homöopathischen Behandlungserfolge bei grossen Epidemien des letzten und dieses Jahrhunderts. Selbstverständlich entsprechen solche Berichte und Studien nicht heute gültigen Forschungsstandards. Aber die Methode wurde seit 200 Jahren an enormen Patientenzahlen verifiziert, und diese Tatsache kann man auch nicht einfach negieren. Inwiefern diese systematisierte Erfahrung als weiche empirische Fakten in der wissenschaftlichen und öffentlichen Diskussion mitberücksichtigt werden, ist nicht primär eine Frage naturwissenschaftlicher Forschung, sondern weitgehend eine erkenntnistheoretische Frage mit politischen und sozialen Dimensionen. Zum Bestand gehören auch viele ältere Studien, vor allem aber einige hundert neuere experimentelle und klinische Studien, deren Ergebnisse zum Teil auch nach harten Kriterien der Schulmedizin die Wirkung und Wirksamkeit der Homöopathie belegen.

 

In den letzten Jahren wurden in beschränkten Bereichen Metaanalysen und Peer-Reviews über die Forschung in der Homöopathie publiziert, so z.B. über die Tier-Intoxikationsstudien (LINDE et al. 1994) und über die klinischen Studien (KLEIJNEN et al.1991, LINDE et al. 1997). Alle diese Arbeiten zeigten ein positives Ergebnis zu Gunsten der Lida Homöopathie, obwohl nur konventionelle und keine homöopathischen Kriterien berücksichtigt wurden! Die Arbeiten wurden in den renommiertesten wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert, sie berücksichtigten aber nur kontrollierte Studien, die methodischen Vorgaben entsprachen und die in einer selektiven Auswahl von Zeitschriften publiziert worden waren. Mit Sicherheit wurden dabei zahlreiche Studien nicht erfasst: Durch die Maschen fielen alle Untersuchungen, die nicht den selektiven Kriterien entsprachen (z.B. alle offenen und damit die meisten älteren Studien) oder die anderweitig publiziert wurden, so auch die vereinzelten aktuellen Studien aus der Schweiz (z.B. die NFP 34-Studie von HOCHSTRASSER und MATTMANN 1994 über Schwangerschaft und Geburt unter homöopathischer und schulmedizinischer Behandlung, deren Qualität gemeinhin als gut anerkannt wird und die ein für die Homöopathie positives Ergebnis zeigt).

 

Der folgende unvollständige Ueberblick über eine Reihe wichtiger bisheriger Forschungsarbeiten zum Wirkungs- und Wirksamkeitsnachweis, die in der Regel strengen konventionellen wissenschaftlichen Kriterien genügen, orientiert sich an HALTER/RIGHETTI (1997/98).

 

 

3.2.    Ueberblick über wichtige bisherige Forschungergebnisse zum Wirkungs- und Wirksamkeitsnachweis der Homöopathie

 

An dieser Stelle sei auf die umfangreichen Uebersichtsarbeiten von WALACH, RIGHETTI, POITEVIN, LINDE, KLEIJNEN, MATTHIESSEN, KING, MAJERUS, FISHER, KOWALSKI und REILLY verwiesen.

 

In vitro Studien

 

Sie beweisen mit wissenschaftlichen Methoden die Wirkungen homöopathischer Potenzen, insbesondere auch von Hochpotenzen.

 

1954 publizierte BOYD [15] seine äusserst gewissenhaft durchgeführte Studie über den Effekt von Mercuriuschlorid (HgCl2) D61. In einer kontrollierten Blindstudie mit über 500 Vergleichsuntersuchungen, welche über mehrere Jahre geführt wurde, konnte BOYD signifikant nachweisen, dass HgCl2 D 61 die enzymatische Spaltung von Stärke beschleunigt. D61 liegt weit über der molekularen Grenze von 6 x 10-23 (Avogadrozahl), welche ihrerseits mit der D24 resp. C12 Potenzierung korrespondiert.

 

Ein gut erprobter wissenschaftlicher Test stellt der basophile Degranulationstest dar,  der in der Allergologie bestens bekannt ist. Er basiert auf der Tatsache, dass sich bei allergischen Reaktionen die basophilen Granulozyten nach Kontakt mit Allergenen degranulieren, d.h. entleeren. Im Falle von basophilen Granulozyten bei allergischen Patienten konnten BOIRON und BELON 1982 [12] zeigen, dass Histamin C 7 in 76% der Fälle die Degranulation hemmen konnte. Dieser Effekt konnte später reproduziert werden.

Eine ähnlich starke Hemmung der basophilen Degranulation in ca. 60% der Fälle durch eine Gabe von Apis mellifica C9 und C15 wurde durch POITEVIN, AUBIN und BENVENISTE 1986 erzielt (88).  In weiteren Blindstudien zeigten Histamin C5, C15 und C18 resp. Apis C9 und C10 einen hoch signifikanten hemmenden Effekt auf die basophile Degranulation, welche durch Anti-IgE-Antikörper induziert wurde (POITEVIN, DAVENAS und BENVENISTE,1988 [89]). In einer ähnlichen Versuchsanordnung konnten auch SAINTE LAUDY und BELON [102] zeigen, dass homöopathische Potenzen eine Degranulation durch den Thrombocytenaktivierungsfaktor PAF hemmen können.

 

Eine kontrovers geführte öffentliche Debatte umgab die wiederholten Studien von Prof. Benveniste, der seine Ergebnisse erst  mit zwei Jahren Verspätung in "Nature" publizieren konnte (DAVENAS, BEAUVAIS et al.,1988 [24]). Für viele Wissenschafter stellte sich die Gretchenfrage:  Kann man experimentelle Resultate gelten lassen, wenn sie sich nach bisher bekannten Naturgesetzen nicht erklären lassen? In zahlreichen Tests konnte die Gruppe um Benveniste zeigen, dass Anti-IgE-Antikörper bis zu einer D120 entsprechenden Verdünnung die Degranulation von Basophilen beim Kontakt mit Anti-IgE Antikörpern verstärken.

Unabhängige Untersuchungen, die Benvenistes Versuchsanordnung reproduzierten, konnten keinen positiven Effekt zeigen (OVELGOENNE, 1992 [84]; HIRST, 1993 [56]), während BENVENISTE 1991 [10] fähig war, Teile der Studien von 1988 zu reproduzieren. Unabhängig von Benveniste entwickelte der französische Forscher SAINTE LAUDY ähnliche experimentelle Modelle und konnte sie mehrmals repoduzieren. Vollblutdilutionen von 1:103 bis 1:109 führten zu einer hochsignifikanten Blockade der basophilen Degranulation im Blut von 18 atopischen Patienten, was die homöopathische Praxis mit Eigenblutnosoden unterstützt [102]. 1993 konnte SAINTE LAUDY zeigen, dass die basophile Degranulation durch potenziertes Histamin bis zu C12 gehemmt wird [103].

 

Andere ausführliche immunologische Studien von DAVENAS und POITEVIN (1987) zeigten eine statistisch hochsignifikante Stimulation von Mäuse-Makrophagen mit der Potenz Silicea C9 [23,24]. Weitere Studien zu Immunreaktionen von Mäusen wurden durch DOUCET-JABOEUF 1982  am pharmakologischen Institut der Universität Montpellier durchgeführt [28]. Sie zeigten Wirkungen durch homöopathische Potenzen eines Thymusserumfaktors und eines Thymuspräparats.

1987 konnte BASTIDES Gruppe 1987 [8] auch eine signifikante Stimulation der humoralen und zellulären Immunantwort bei Mäusen durch homöopathische Potenzen des Thymushormons Thymulin wie auch durch potenziertes Interferon (DAURAT 1988 [22]) nachweisen. 

In einer anderen Studie wies man nach, dass potenziertes Thymulin bis zu C 30 Hühner nach einer embryonalen Bursektomie der Bursa fabricii in ihrer Immunantwort stimulieren konnten (YOUBICIER-SIMO et al. 1993 [128]). BASTIDE publizierte eine Zusammenfassung ihrer Arbeiten 1994 [7].

 

Die Gruppe von DOUTREMEPUICH untersuchte seit 1987 den Effekt von potenzierter Azetylsalicylsäure (ASA) auf Blutungszeit und Plättchenaggregation. Verschiedene Studien zeigten, dass Potenzen von ASA in C5 und C9 die Blutungszeit signifikant verkürzen (DOUTREMEPUICH et al., 1987-1990 [28-32], LALANNE et al., 1990-1992 [73-75]).

 

Pflanzenstudien

 

Auf diesem Gebiet sind die pionierhaften Arbeiten von LILI KOLISKO zu erwähnen, die seit 1923 Pflanzen in Verbindung mit homöopathischen Potenzen beobachtete, welche offensichtlich das Wachstum von Pflanzensamen beeinflussen konnten [69]. Nach dem gleichen Prinzip konnten PELIKAN und UNGER (1965) einen signifikanten Effekt mit Silbernitrat D8-D19 auf das Wachstum von Weizenkeimlingen zeigen [87]. JONES und JENKINS (1981) waren in der Lage, diese Resultate mit Silbernitrat C6-C16 zu reproduzieren [62].

 

AUQUIERE (1982) fand, dass Kupfersulfat D14 im Vergleich mit Kontrollgruppen das Wachstum von Senfsamen steigert, unabhängig davon, ob sie vorher durch Kupfersulfat in toxischen Dosen behandelt worden waren [6].

 

Tierstudien

 

Ein oft benuztes Standardmodell sind Vergiftungsstudien. Diese datieren zurück bis zu den Experimenten von LAPP und WURMSER aus Strassburg (1955,1958 [76-78]). Das Grundprinzip ist in allen Studien dasselbe: Labortiere werden mit einer toxischen Substanz vergiftet und können durch homöopathische Potenzen desselben Giftes geschützt oder entgiftet werden. Die homöopathische Potenz beschleunigt die Abbaurate des Giftes in Urin und Stuhl.

 

Die ausgefeilteste und bestkontrollierte Arbeit stammt von Prof. CAZIN, Universität Lille (1986), der Blind-Studien mit 696 Ratten, welche mit Arsen vergiftet wurden, anstellte. 12 Stunden nach einer oralen Vergiftung mit Arsen wurde den Ratten potenziertes Arsen C5- C15 und D10-D30 injiziert. Alle Potenzen zeigten eine statistisch hochsignifikante Verbesserung der Arsenausscheidung in Stuhl und Urin und eine Senkung des Arsenspiegels im Blut [19].  CAZIN et al. publizierten 1987 eine Zusammenfassung dieser aussergewöhnlichen Studien [20]. Eine Übersicht über sämtliche Arbeiten unter CAZIN ist in zwei Dissertationen von GABORIT (1987) und CHAOUI (1988 [21])  zu finden, welche auch chemische und physikalische Einflüsse bezüglich dieses Entgiftungseffektes untersuchten.

 

Dasselbe Modell wurde bei künstlich induzierten Krankheiten von Tieren angewandt. Ein Beispiel ist der durch Alloxanvergiftung induzierte Diabetes mellitus. Die Tiere konnten vor der Vergiftung mit potenziertem Alloxan (C7, C9) geschützt werden und entwickelten keinen oder nur selten einen Vergiftungsdiabetes. Die Resultate legen die Frage nach der therapeutischen Implikation dieser Untersuchungen nahe. Ist es denkbar, sich gegen Vergiftungen durch Gaben desselben Giftes in homöopathischer Potenzierung zu schützen? Nach SOUZA MAGRO (1986)  kann die Applikation von verschiedenen Potenzen von Gentamycin die Nierenschädigung diese Medikamentes vermindern [106]. In einer Studie von GARDES (1989) führt Nalidixinsäure C7 zu einer signifikant schnelleren Ausscheidung dieses Antibiotikums im Urin [43]. Schliesslich war LABONIA (1986) fähig, Mäuse gegen die Vergiftung mit Bothropsschlangengift durch Verabfolgung des potenzierten Giftes zu schützen [71].

 

LINDE veröffentliche eine Übersichtsarbeit und Metaanalyse all dieser Intoxikationsstudien (1994 [80]). 105 Publikationen wurden nach strikten Kriterien untersucht; dabei zeigten 43% aller Studien eine hohe Qualität (mehr als 50% eines maximal erreibaren Qualitätsstandards). Eine klare Mehrheit all dieser Studien wies einen signifikant positiven Effekt für hom. Potenzen nach. Die Qualität von Studien, welche mit hohen Dilutionen (also jenseits der Avogadrozahl) arbeiteten, war leicht besser, und positive Resultate zeigten 19 von 27 Studien. Im mittleren Dilutionsbereich zeigten nur 5 von 37 Studien keinen Effekt und von den positiven Studien waren mehr als 50% hochsignifikant. Die Autoren schliessen daraus, dass damit ein genügend sicherer Beweis für den Vergiftungsschutz solcher Präparate erbracht worden ist. LINDES wichtige Metaanalyse der klinischen Studien [79] wird weiter unten besprochen. 

 

Prof. HARISCH und sein Team von der Veterinärmedizinischen Universität Hannover konnten biochemische Effekte mit verschiedenen homöopathischen Arzneimitteln auf das Glutathionsystem der Leber von Ratten, welche mit  Carbontetrachlorid vergiftet wurden, zeigen 1984 [50], 1988 [52]. Verschiedene Effekte wurden auch durch die Applikation homöpathischer Arzneimittel an Ratten erzielt, um die Histaminausschüttung peritonealer Mastzellen zu stimulieren (1988 [52]).

 

HARISCH und KRETSCHMER publizierten 1990 [53] weitere Untersuchungen, welche verschiedene Effekte homöopathischer Potenzen auf Parameter des Lebermetabolismus zeigten. Im weiteren präsentierten sie eine Zusammenfassung ihrer zahlreichen Teste, welche Effekte bewiesen, die mit bekannten Theorien nicht erklärt werden können [51,53].

 

ENDLER (1994/1996) publizierte Experimente, welche gut kontrolliert waren und von verschiedenen Gruppen reproduziert werden konnten. Sie zeigten, dass Thyroxin D30 (potenziertes Thyroidhormon) die Aktivität und die Metamorphosenrate von Fröschen signifikant unterdrückt [33-35].

 

Die bestbekannten klinischen Veterinärstudien wurden durch WOLTER (1966 [127]) über die Beeinflussung der Geburt durch homöopathische Potenzen gemacht. In blind geführten Studien hat sich Caulophyllum D30 unter vorgegebenen Bedingungen als wirksamer Wehenstimulator bei Mutterschweinen erwiesen.

 

Klinische Studien

 

KLEIJNEN et al. von der Universität Maastricht publizierten 1991 im British Medical Journal eine Übersichtsarbeit und Metaanalyse von 107 kontrollierten klinischen Studien [68]. Ihre Evaluation anhand einer 100 Punkte -Skala kann man von einem homöopathischen Standpunkt aus kritisieren. Dieser Skala zufolge werden einige bescheidene Studien, wie diejenige von ZELL et al. (1988 [129]) mit 80 Punkten oder diejenige von BORDES und DORFMAN (1986  [13]) mit 70 Punkten gut bewertet, während gute und komplexe Studien (von einem homöopathischen Standpunkt aus) wie jene von GIBSON et al. (1980 [47]) oder SCHWAB (1989  [104]) eine wesentlich tiefere Wertung erfahren. Von den insgesamt 105 Studien mit interpretierbaren Resultaten zeigen 81 Studien positive Resultate, während in 24 Studien kein positiver homöopathischer Effekt gefunden wurde. Wenn man noch strengere Evaluationskriterien benutzt,  zeigen von 22 guten Studien 15 positive Resultate. Die Autoren zogen den folgenden Schluss: "Das Ausmass der positiven Evidenz selbst unter den besten Studien war eine Überaschung für uns. Der Evidenz wegen müsste man eigentlich die Homöopathie als wirksam betrachten, wenn nur der Wirkungsmechanismus plausibler wäre" (!).

 

Die neueste Metaanalyse von LINDE wurde 1997 im Lancet publiziert [79]. Sie untersucht noch einmal systematisch alle bisher publizierten randomisierten Placebo-kontrollierten Studien homöopathischer Therapie. Die Autoren kommen zum Schluss, dass die klinische Wirksamkeit homöopathischer Therapie nicht mit Placebowirkung zu erklären ist und dass für sie eine insgesamt noch ungenügende aber eine dennoch klare Evidenz besteht.

Im Vorwort  [79] wurden zwei Kommentare von J.P. VANDENBROUCKE und M.J.S. LANGMAN veröffentlicht, die beide die methodische Stringenz dieser Metaanalyse anerkennen, aber dennoch festhalten, dass eine klinische Wirksamkeit der Homöopathie angesichts ihres wissenschaftlich nicht haltbaren Konzepts  unmöglich sei.

Im weiteren wirft Langman der Metaanalyse vor, es sei unlogisch,  Studien mit verschiedenen Medikamenten für verschiedene Krankheitszustände in einen Topf zu werfen. Hier erweist es sich einmal mehr, wie schwer sich Schulmediziner tun, das Konzept der Homöopathie zu verstehen. Dieses Argument ist schlicht nicht stichhaltig.

 

In den letzten Jahren laufen u.a. in Deutschland verschiedene „Ueberblicksarbeiten“: nicht im Sinne einer Metaanalyse, sondern in Form von breit angelegten sogenannten Versorgungsstudien (prospektive Dokumentationsstudien, „Outcome studies“)  zur Datenerhebung und Evaluation verschiedener Bereiche der homöopathischen Behandlung und „Versorgung“ . Hinweise zu diesen Studien finden sich in Kapitel 4.2.3.lit.II.

 

 

 

 

Vergiftungen

PATERSON (1943) machte Studien bei Senfgasvergiftungen. Diese Doppelblind-Studien gehen auf den zweiten Weltkrieg zurück, als die Briten, in Erwartung der deutschen Luftangriffe, Prophylaxe und Therapie von Hautverbrennungen durch Senfgas untersuchten. Homöopathische Potenzen von Rhus-toxicodendron, Kali-bichromicum und von Senfgas (C30) konnten, verglichen mit einer Kontrollgruppe, die Zahl tiefer Senfgasverbrennungen signifikant reduzieren [85].

 

Infektionskrankheiten

PATERSON und BOYD (1941) konnten in einer Studie zeigen, dass der Schick-Test, der Antikörper gegen Diphterie nachweist, sich nach einer oralen Administration von Diphterinum von C 201 oder Diphterietoxoid C30 in 60% der Fälle positiv änderte im Vergleich zu 5% der unbehandelten Kontrollen [86].

FERLEY (1989) untersuchte die Therapie der Influenza mit Occilocoxinum C 200. In einer randomisierten Doppelblindstudie von 487 Influenza-Patienten ergab die homöopathische Therapie nach 48 Stunden eine Heilungsrate von 17,1% im Vergleich zu 10,3% der Plazebogruppe  [38]. MAIWALD (1988) behandelte Patienten mit influenzaartigen Symptomen; 88 erhielten hom. Mittel, 82 Plazebo. Nach 4 Tagen ging es den hom. behandelten Patienten signifikant besser als den Patienten der Plazebogruppe [81].

BORDES und DORFMAN (1986) wiesen einen ebenso positiven Effekt homöopathischer Potenzen in der Behandlung von Husten nach. Die Verum-Gruppe zeigte bei 20 Patienten nach einer Woche gute Verläufe gegenüber 8 Patienten unter Plazebo [13].

WIESENAUER (1989) fand keinen signifikanten Effekt mit homöopathischen Potenzen bei Sinusitis [122].

De LANGE - de KLERK (1994) untersuchte 170 Kinder mit Infekten der oberen Luftwege. Die Empfänglichkeit für Infektionen und die Benutzung von Antibiotika reduzierte sich unter homöopathischer Therapie. Der Effekt war gegenüber Plazebo nicht signifikant [25] .

 

Traumatologie

CAMPBELL 1976 konnte bei der ersten von 2 Blindstudien nur geringe Effekte von Arnica C 30 nach künstlichem Trauma (Muskelquetschung) an Freiwilligen  erzielen [18]. In dieser Studie wurden Überlappungseffekte diskutiert. In der zweiten, einfachen Blindstudie bekamen alle Patienten zuerst Plazebo und später Arnica XM, welches diesmal hoch wirksam war.

BOURGEOIS (1984) zeigte den Schutzeffekt von Arnica C 5 auf Venenverletzungen bei 29 Frauen mit Brustkarzinom, welche eine intravenöse Chemotherapie erhielten [14].

DORFMAN und AMODEO (1988) zeigten in einer kontrollierten Doppelblindstudie den Schutzeffekt von Arnica C 5 bei Patienten mit langliegenden Venenkathetern [27].

ZELL (1988) untersuchte den Effekt einer Heilsalbe mit homöopathischen Komponenten auf den Verlauf nach Distorsion des Sprunggelenks. Nach 10 Tagen waren 28 von 33 homöopathisch behandelten Patienten im Vergleich zu 13 von 36 Patienten der Placebogruppe schmerzfrei [129].

TVEITEN (1991) fand bei 36 Läufern nach einem Marathon eine schnellere Besserung unter Arnica D 30 als unter Plazebo. Die Resultate waren nicht signifikant (p 0,06-0,07) [108].

In der Zahnmedizin erwies sich Arnica C 30 in Bezug auf Schmerzreduktion effektiv, wenn man das Mittel vor und nach Zahnextraktionen gibt  (IVES, 1984  [59]). Verschiedene Studien zeigen homöopathische Effekte bei Schmerzen nach zahnchirurgischen Interventionen (BERTHIER, 1985 [11]), ALBERTINI et al.,1984 [1]).

 

Rheumatologie

Recht gut bekannt sind die Glasgow-Studien bei Patienten mit rheumatoider Arthritis, welche von GIBSON et al. (1978/1980) durchgeführt wurden. In der Pilotstudie waren nach einem Jahr von 54 individuell homöopathisch behandelten Patienten 42,6% besser unter ausschliesslicher homöopathischer Medikation, weitere 24% waren besser unter zusätzlicher antirheumatischer Behandlung. In den offenen Vergleichsgruppen hatten von 41 Patienten unter hohen Dosen von Aspirin 35 die Studie nach einem Jahr verlassen, nur 6 waren besser unter Aspirin. Alle 100 Placebo- Patienten hatten die Studie nach 6 Wochen abgebrochen [48].

In einer zweiten Studie unter Doppelblindbedingungen mit 46 Patienten zeigte die Gruppe unter individueller homöopathischer Therapie nach drei Monaten signifikant bessere Resultate (nach verschiedenen Kriterien) als die Placebo-Gruppe (1980 [47]).

 

ANDRADE (1991) untersuchte 44 Patienten mit rheumatoider Arthritis während 6 Monaten. Beide Gruppen waren besser als zuvor, aber ohne signifikanten Unterschied zwischen Verum und Placebo [3].

SHIPLEY et al. (1983) publizierte im Lancet eine Studie ohne Effekt [105]. Diese Studie wurde von homöopahitscher Seite kritisiert, weil die Patienten nicht individuell behandelt wurden.

In einer randomisierten Doppelblind-Studie von FISHER (1985) bei 24 Patienten mit Fibrositis zeigten die 12 Verum-Patienten einen besseren Verlauf als die Vergleichs-gruppe unter Placebo [40]. In einer zweiten Fibromyalgie-Studie von FISHER et al. (1989) zeigte das Medikament Rhus-toxicodendron signifikant bessere Resultate als Plazebo [39].

 

Gastrointestinale Studien

AULAGNIER (1986) untersuchte eine Kombination von Arnica, Raphanus und Opium C 9 in einer randomisierten Doppelblind-Studie an 200 Patienten nach schweren abdominalen Operationen. Die Reaktivierung der Darmbewegungen war signifikant schneller in der homöopathischen Gruppe [5]. Früher konnte auch VALERO (1981) positive Effekte von Raphanus C7 an Patienten mit postoperativem Ileus zeigen (Doppelblind-Studie an 80 Patienten) [109]. MAYAUX (1988) konnte in ausgedehnten ähnlichen Studien keinen Effekt zeigen [83].

HADJICOSTAS (1988) berichtet über eine Doppelblind-Studie an 78 Patienten mit akuter Blutung des oberen Gastrointestinaltraktes. Alle Patienten erhielten Blut und Volumenersatz. Während die eine Gruppe individuelle homöopathische Behandlung erhielt, wurde die andere Gruppe mit Zimethidin behandelt. Innerhalb einer Beobachtungszeit von 30 Tagen war der Verlauf unter hom. Therapie besser [49].

JACOBS et al. (1994) konnte zeigen, dass individuelle Homöopathie in C 30 bei 81 Kindern in Nicaragua mit akuter Diarrhö zu einer signifikanten Reduktion von Dauer und Anzahl der Stühle verglichen mit Plazebo führten [60].

 

Gebutshilfliche Studien

ARNAL-LASERRE (1986) berichtet von einer Doppelblind-Studie mit einem homöopathischen Komplexmittel in C 5, welches 53 Schwangeren im 9. Monat und anschliessend während der Geburt verabreicht wurde. Geburtszeit und die Zahl der schwierigen Geburten (Dystokien) waren signifikant reduziert: 5,1 Std. verglichen mit 8,5 Std. in der Placebo-Gruppe (40 Frauen); 11,3% Dystokien verglichen mit 40% unter Plazebo [67].

GERHARD wies 1993 in verschiedenen Studien die Wirksamkeit individueller hom. Behandlung bei weiblicher Sterilität verschiedenster Ursachen nach [44-46]. In einer matched pair-Untersuchung traten in beiden Gruppen 6 Schwangerschaften ein (von 21), in der Homöopathie Gruppe endeten alle Schwangerschaften mit einer Geburt, in der schulmedizinischen Gruppe dagegen nur 2. Bemerkenswert war auch die Tatsache, dass in der Homöopathie-Gruppe bedeutend mehr der ursächlichen Störungen behoben wurden und auch andere Krankheitszustände unter der Behandlung besserten. Unter Hinweis auf die bedeutend geringeren Behandlungskosten der Homöopathie-Gruppe kommt die Autorin zum Schluss, dass es sinnvoll wäre, in bestimmten Patientinnenkollektiven mit Sterilität zunächst nur mit Homöopathie zu behandeln. 

 

Heuschnupfen und Asthma:

WIESENAUER et al. (1983, 1984, 1986) berichten über verschiedene Studien mit Galphimia glauca bei Pollinosis [68,69,70]. In der ersten Doppelblind-Studie wurden bei 86 Patienten unter Galphimia D4 eine signifikante Besserung gegenüber Plazebo innerhalb von 2 Wochen erzielt. Eine retrospektive Studie zeigte bei 81 Patienten eine Erfolgsrate von 90%. Eine prospektive Studie ergab bei 164 Patienten signifikante Besserung unter Galphimia verglichen zu Plazebo und verglichen zu einer reinen Galphimia-Dilution (ohne Potenzierung). Eine weitere retrospektive Studie an 160 Patienten zeigte in 70% der Fälle eine Verbesserung. Schliesslich wurden in einem weiteren Versuch vier verschiedene Potenzen von Galphimia an 235 Patienten untersucht und alle zeigten nach vier Wochen Verbesserungen zwischen 79 und 89%. Schliesslich zeigten WIESENAUER und LUEDKE (1995) in einer vierwöchigen Studie an 132 Heuschnupfen-Patienten, dass Galphimia D 4 effektiver als Plazebo war [123]. WIESENAUER schrieb eine Zusammenfassung all dieser Resultate (1990), alle 6 Versuche zeigten eine Bestätigung der Resultate [126].

 

REILLY (1986)  publizierte im Lancet eine Heuschnupfenstudie mit 144 Patienten, welche mit Pollen C30 erfolgreich behandelt wurden. In dieser Studie hatten die Patienten unter Pollen C 30 eine Erstverschlimmerung gezeigt, gefolgt von einer signifikanten Besserung mit Reduktion der notwendigen Antihistaminika [94]. REILLY hatte bereits in einer Vorstudie ähnliche Resultate erzielt.

1994 publizierte derselbe Autor eine Untersuchung von 28 Patienten mit allergischem Asthma  [92]. Die Studie wurde mit einer C 30-Potenz des Hauptallergens gemacht. Auch diese Resultate zeigen innerhalb einer Woche und während einer Dauer von 8 Wochen eine klare Wirksamkeit des homöopathischen Allergenpräparates. REILLY  berichtete schon 1990 am 45. LIGA-Kongress von seinen Resultaten, hatte aber eine Periode von mehreren Jahren zu überstehen, um seine Studie überhaupt publizieren zu können.

Kopfschmerzen und Migräne

BRIGO 1987 [16] zeigte in seiner Migräne-Studie an 60 Patienten eine hoch signifikante Wirksamkeit in der Homöopathie-Gruppe. Diese Resultate konnten durch WHITMARSH 1993 und durch WALACH 1995 [110] nicht wiederholt werden.

 

Haut

Eine spezielle Doppelblindstudie stammt vom SCHWAB 1989 [104], die die spezifischen Eigenheiten homöopathischer Behandlungsform berücksichtigt. Das Ziel dieser Studie war in erster Linie Wirkungen von Sulphur in hochpotenzierter Form (C 30/200/M) zu zeigen, ohne einen Wirksamkeitsnachweis zu führen. Patienten mit Hautkrankheiten, deren Hautsymptomatik derjenigen von Sulphur ähnlich war, wurden durch einen homöopathischen Arzt ausgewählt und nach einer homöopathischen Verschreibung von Sulphur anhand klar definierter Kriterien nachbeobachtet. 26 Patienten zeigten in der Pilot- wie in der Hauptstudie einen hochsignifikanten Effekt von Sulphur verglichen mit Placebo. Alle eindeutigen Reaktionen konnten vor der Entschlüsselung der Mittel korrekt dem Verum zugeschrieben werden.

 

 

3.3. Zusammenfassung

 

Zusammenfassend lässt der momentane Stand des Wirkungs-und Wirksamkeitsnachweises unseres Erachtens folgende Schlussfolgerungen zu (z.T. nach HALTER/RIGHETTI 1997/98):

 

1. Die Wirksamkeit der Homöopathie hat sich durch 200-jährige weltweite Anwendungserfahrung erwiesen.

In der Schweiz hat die Homöopathie eine über 150-jährige Tradition. In den letzten 10 Jahren sind von diplomierten Schweizer AerztInnen mit homöopathischer Zusatzausbildung weit über 200 Praxen im Bereich der Grundversorgung mit Schwerpunkt klassische Homöopathie eröffnet worden. Auch hier hat es sich gezeigt, dass mit ausschliesslicher hom. Behandlung die Mehrheit der Krankheitsfälle im Bereich der ambulanten Grundversorgung erfolgreich behandelt werden kann. 

 

2. Die Wirksamkeit der Homöopathie ist durch unzählige geheilte klinische Fälle belegt.

Zeugnis dieser Anwendungserfahrung sind die in hom. Zeitschriften auf der ganzen Welt erschienenen retrospektiven Falldarstellungen.

 

3. Es gibt nur wenige klinische Studien, die die Homöopathie nach ihren eigenen Grundsätzen prüfen.

Die grosse Mehrzahl der heute vorliegenden klinischen Studien zwängt die Homöopathie in ein ihr fremdes Forschungskorsett. Dennoch konnte in einer beachtlichen Zahl klinischer Studien die Wirksamkeit homöopathischer Therapie nachgewiesen werden.

 

4. Die klinische Wirksamkeit der Homöopathie wurde auch durch experimentelle Wirkungsnachweise bestätigt.

 

5. Die Wirkung und Wirksamkeit von Hochpotenzen jenseits der Avogadro'schen Zahl ist wissenschaftlich nachweisbar.

 

6. Aufgrund jüngster Erkenntnis in Physik und Chemie gibt es Ansätze zur Begründung einer Wirkung hochpotenzierter Arzneien.

 

7. Die vorliegenden Forschungsergebnisse erbringen einen exemplarischen Nachweis der Wirksamkeit des homöopathischen Behandlungskonzepts und lassen die kostenintensive Durchführung weiterer Forschung dieser Art als fragwürdig erscheinen. Wirksamkeitsprüfungen in der Homöopathie haben stets nur einen exemplarischen Charakter. Forderungen nach Prüfung sämtlicher Arzneimittel bei allen Indikationen sind nicht sinnvoll.

 

8. Es gibt neuere Forschungsansätze, die eine deutlich bessere Adaequanz zu den Prinzipien der Homöopathie aufweisen als jene der konventionellen Methodik.

 

9. Nach dem heutigen Stand des Wissens besitzen homöopathische Arzneimittel eine unspezifisch-stimulierende Wirkung auf die Selbstheilung; bezogen auf den einzelnen Organismus ist die Wirksamkeit spezifisch.

 

 

4.    Zukünftige Forschung in der Homöopathie

 

 

4.1. Einleitung

 

Nach der Einführung in die Grundlagen der Homöopathie, die Problematik ihrer Forschung und schliesslich in die Forschungsergebnisse sind wir am Punkt angelangt, wo wir zukünftige Forschungsstrategien überlegen können. Ausgangspunkt ist unseres Erachtens die Tatsache, dass die bisher vorliegenden Forschungsergebnisse mit einiger Deutlichkeit gezeigt haben, dass der homöopathische Therapieansatz wirksam ist. Diese positive Einschätzung wird durch die Tatsache untermauert, dass sich die Homöopathie seit ihrer Begründung vor 200 Jahren weltweit behaupten konnte und die Nachfrage in der Bevölkerung gross ist.  Hinzu kommt, dass die Homöopathie weitgehend nebenwirkungsfrei und billig ist. Es stellt sich an dieser Stelle deshalb vorerst die Frage, ob der WZW-Nachweis nicht bereits hinreichend erbracht ist und weitere Forschung erübrigt, oder allenfalls,  welche Teile noch fehlen. Die Beurteilung dieser Frage hat zentrale Bedeutung für das weitere Vorgehen. Wer fällt für wen den Entscheid, ob der WZW-Nachweis für die Homöopathie mit dem vorhandenen Daten- und Forschungsmaterial nicht bereits erbracht ist? Je nach Blickwinkel dürfte die Frage unterschiedlich beantwortet werden. Erst nach Beantwortung dieser Frage können wir Adressat, Ziel und Zweck weiterer Forschungsaktivitäten genau bestimmen. Forschungsdesign und    -methodik sehen völlig verschieden aus, je nachdem, ob sie sich an Gesundheitsbehörden, Oekonomen, Homöopathen, Hausärzte, klinische Pharmakologen oder medizinische Fakultäten wenden und je nachdem, wie Zweckbestimmung und Zielsetzung aussehen.

Insbesondere macht es aus unserer Sicht wenig Sinn, zu den vielen 100, wohl weit über 1000 vorliegenden experimentellen und klinischen Studien willkürlich 2 bis 3 weitere Studien, z.B. klinische Indikationsstudien, hinzuzufügen. Was wäre Sinn und Zweck davon? Wer würde sie für wen aufstellen? Wer würde sie für wen auf Grund welcher Kriterien beurteilen?

 

Beilage 3 (RIGHETTI 1988: S.57-63) gibt zunächst einen Ueberblick über Möglichkeiten zukünftiger Forschung in der Homöopathie mit der klaren Unterscheidung zwischen Forschung mit direktem Nutzen für die Homöopathie und Forschung zum Zweck ihrer wissenschaftlichen Anerkennung. In knapperer Form verweise ich nochmals auf meine Vernehmlassungsantwort zum PEK-Entwurf vom 8.6.99.

 

 

4.2. Ansätze zu zukünftigen Forschungsprojekten

 

Im folgenden stelle ich einige Forschungsmöglichkeiten aus unserer Sicht vor.

 

4.2.1. Aufarbeitung der bisherigen Forschung in der Homöopathie

 

Ausgangspunkt vor neuen Forschungsaktivitäten muss die Bestandesaufnahme und Beurteilung der bisherigen Forschungsergebnisse sein (siehe auch 3.; 4.1.). Wie erwähnt wurden die homöopathischen Forschungsergebnisse erst- und letztmals Ende der 80er Jahre einigermassen systematisch aufgearbeitet. Verschiedene andere Arbeiten haben in den letzten Jahren Teilbereiche der homöopathischen Forschung analysiert. Hunderte von Studien, v.a. neuere und solche aus dem experimentellen Bereich, wurden bisher nie zusammenfassend aufgearbeitet. Auch die alten Studien sind adäquat aufzuarbeiten und zu berücksichtigen. Als Präsentationsform kämen neben Publikationen des Materials möglicherweise auch Expertenhearings (z.B. zu Teilaspekten) in Frage. Die Aufarbeitung hat unter gleichwertiger Anerkennung homöopathischer und schulmedizinischer Kriterien zu erfolgen. Sie dient der Beantwortung der zentralen Fragen: Was fehlt überhaupt noch? Wer entscheidet und beurteilt für wen und nach welchen Kriterien, was noch fehlt?

 

4.2.2. Epidemiologische Feldstudien

 

Gut dokumentierte epidemiologische Feldstudien dienen einer verlässlichen Datenerhebung über Praxis, Wirkung („Outcome“) und Kosten homöopathischer Behandlung in ihrer natürlichen Umgebung, d.h. wenig beeinflusst durch methodenfremde Forschungskorsetts. Eine solche Datenerhebung müsste breit erfolgen und homöopathische Besonderheiten adäquat mitberücksichtigen. Derartige Studien müssten auf dem Boden und unter Aufarbeitung bisheriger  Erfahrungen und Ergebnisse, z.B. aus Deutschland, konzipiert sein und allenfalls spezielle Fragestellungen einbeziehen. Für die Evaluation der Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Homöopathie - auch der übrigen Komplementär- und der Schulmedizin - wären solche Studien bedeutsam. Aus unserer Sicht kann die Mehrheit der Krankheiten in einer Allgemeinpraxis mit ausschliesslicher oder vorwiegender homöopathischer Therapie unter grossen Einsparungen an schulmedizinischen Abklärungs- und Therapiekosten befriedigend behandelt werden. Es gibt aber im Bereich der Evaluation von Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit erst wenige Arbeiten, die die Erfahrung bestätigen, dass Homöopathie als Basistherapie in der Grundversorgung zweckmässig und sehr kostengünstig ist (Literaturliste 94,61; 37,45,54,63,107)

 

4.2.3. Klinische Studien

 

Klinische Studien haben nach der Aufarbeitung der bisherigen Forschung und epidemiologischen Feldstudien erst 3.Priorität. Die Auswahl und die Kriterien klinischer Forschungsprojekte muss sich auch wieder nach den zu beantwortenden Fragen richten und wird je nachdem unterschiedlich ausfallen: Welche Ressourcen sind vorhanden? Welche Fragen sind offen? Welches Gewicht haben die z.B. 1 bis 2 weiteren Studien neben den bisherigen Fakten? Was würde aus 1 bis 2 positiven oder negativen Studien abgeleitet? Nach welchen Kriterien und mit welchem Ziel und Zweck werden die Studien durch wen und für wen aufgestellt und beurteilt?

 

4.2.3.a) Anwendungsbereiche und klinische Indikationen der Homöopathie mit möglicher Eignung für Studienzwecke

 

Allgemein lässt sich formulieren, dass die Homöopathie in der Hausarztmedizin sehr breit eingesetzt werden kann, ausschliesslich oder zusammen mit andern medizinischen Therapien. Das Indikationsspektrum kann nur homöopathisch formuliert werden: Die Homöopathie kann potenziell überall dort wirksam sein, wo die (Selbst-)Regulationsfähigkeit des Organismus (noch) stimuliert werden kann. Das Ausmass der potenziellen Wirksamkeit hängt vom Ausmass der Stimulierbarkeit des Organismus ab und ist wie in der Schulmedizin in der Regel bei relativ gesunden Patienten grösser als bei schwerkranken Chronikern. Ob unter diesen Voraussetzungen das homöopathische Arzneimittel wirksam ist, hängt allein von der richtigen individuellen Arzneimittelwahl statt. Das falsch gewählte Mittel wirkt wie ein Placebo.

 

Aus folgenden Gründen ist in der klinischen Homöopathieforschung der konventionelle Forschungsansatz randomisierter kontrollierter Doppelblindstudien äusserst erschwert und ungeeignet, insbesondere bei – im homöopathischen Sinn - „chronischen Krankheiten“: Die Arzneimittelwahl ist fast immer völlig individuell und beruht auf der exakten Wahrnehmung der Gesamtheit der individuellen Symptome und Besonderheiten des Patienten. Diese werden mit der Arzneimittellehre verglichen. Das den Symptomen des Patienten ähnlichste Mittel wird gewählt.  Die erfolgreiche Arzneiwahl ist u.a. abhängig von Faktoren wie Beobachtungsfähigkeit des Patienten und Arztes, Erfahrung des Arztes, Güte und Eindeutigkeit der Symptome, Komplexität des „Falles“ (Regulationsstörungen, mehrschichtige Pathologie etc.). Zwei Patienten mit derselben Diagnose benötigen meist nicht dasselbe Mittel. Hingegen heilt oder bessert das individuell passende Mittel bei chronischen Krankheiten neben den Haupt- auch die Nebendiagnosen und übrigen Befindlichkeitsstörungen, soweit diese regulierbar sind. Dasselbe Mittel bleibt beim Patient dann oft über viele Jahre bei gelegentlichen Rückfällen oder neuen chronischen Symptomen wirksam. Je unklarer die Mitteldiagnose ist, umso schwieriger ist die Mittelwahl, umso kleiner ist die Chance, auf Anhieb das richtige Mittel zu treffen. Das Mittel muss vielleicht mehrmals gewechselt werden, vielleicht findet man das richtige Mittel gar nicht. Als weitere Schwierigkeit ist die Wirkdauer der Mittel ebenfalls individuell: Wenn beim Kontrolltermin einer chronischen Krankheit das Mittel noch wirksam ist, kann die Propecia Wirkung einige Tage später abklingen – unabhängig von den fixen Kontrollintervallen in normierten Studien. Weitere Schwierigkeiten bieten z.B die notwendige Beachtung von hierarchischen Krankheits- und Symptomenebenen in der Homöopathie (Hering’sche Regel, Wertigkeit der Symptome). Aus den genannten Gründen ist adäquate Untersuchungsmethode in der Homöopathie die Einzelfallstudie  an genügend grossen Patientenzahlen und bei „chronischen Krankheiten“ über genügend lange Zeit.

 

Die folgenden klinischen Anwendungsbereiche sind aus den genannten Gründen zum Teil willkürlich. Sie sprechen, entsprechend der von der PEK-Leitung gestellten Aufgabe, bei korrekter Mittelwahl oft besonders gut auf die Homöopathie an. Ihre Eignung hängt auch von der Wahl des Studiendesigns und den vorhandenen Ressourcen ab. Zum Teil sind homöopathische Kriterien, z.B. Einlasskriterien zur Normierung und Reduktion des Aufwands, mitberücksichtigt (vgl. auch Beilage 3):

 

I. Beispiele akuter klinischer Anwendungsbereiche

-         Akute (rezidivierende) Streptokokkenangina / Angina tonsillaris, Scharlach mit Exanthem

-         Akuter grippaler Infekt mit Aconit-(und/oder Belladonna-)Bild

-         (Rezidivierende) akute Otitis media (ev. Ausschlusskriterium: ausgeprägte mechanische Ursache)

-         Akute Cystitis mit Cantharis-(ev. Sarsaparilla-)Bild

-         Mittelschwere Insektenstich-Allergie oder „Anfälligkeit“ (ohne anaphylaktische Reaktionen), mit Ledum.

-         Prophylaxe bzw. Frühtherapie von Zeckenkrankheiten: Die einzige der hier erwähnten Studien mit möglicherweise direktem epidemiologischen Nutzen und Sinn für den Patienten und den Fortschritt der Homöopathie. Wir vermuten, dass die frühe Gabe eines Mittels (Ledum) das Auftreten von Folgekrankheiten nach Zeckenbiss verringern kann, haben aber keine Beweise dafür. Ein positives Ergebnis hätte u.U. grosse epidemiologische Bedeutung, die Rekrutierung von Patienten und die Behandlung wäre wohl einfach und sogar in kontrollierten Blindstudien möglich. Nachteil: Falls der WZW-Nachweis stark von dieser Studie abhängen sollte, wäre der Unsicherheitsfaktor zu gross.   

-         Akute bis subakute Angstreaktion nach Schrecktrauma bei fehlender (oder nur minimaler) vorbestehender Angstkrankheit, mit/ohne psychosomatischen Folgen, mit Aconit-(ev. Opium-)Bild.

-         Traumatologie: Weichteilverletzungen mit Arnica-Bild, z.B. bei Muskelquetschungen, traumatischer Geburt, traumatischer Zahnextraktion, 100km-Lauf. Es gibt hier eine Reihe von früheren Studien. Problem: Normierung des Traumas bzw. Matching. Normierte artifizielle Quetschung (CAMPBELL 1976) ist vielleicht eine Möglichkeit, verändert allerdings die psychosomatische Begleitreaktion (Artefakt).

Evtl. weitere Möglichkeiten: traumatische Nervenläsionen (Hypericum), Gelenksdistorsionen und Muskelzerrungen unter Rhus-Bild.

-         Subakute bis akute Gastropathie mit Nux vomica-Bild.

 

II. Beispiele chronischer klinischer Anwendungsbereiche

Die obigen Vorbemerkungen (4.2.3.a) gelten hier in besonderem Mass.

-         Neurologie: Kopfschmerzen, Migräne

-         Allergologie: Asthma bronchiale

-         Rheumatische Erkrankungen: z.B. leichter bis mittelschwerer Morbus Bechterew

-         Gynäkologisch-geburtshilfliche Studien: Prämenstruelles Syndrom, Dysmenorrhoe und Zyklusstörungen (ohne organische Ursache). Evtl. Wiederholung früherer geburtshilflicher Studien.

-         Infektiologie: Borreliose: Restsymptome nach adäquater Antibiotikatherapie. Reaktion auf Ledum? Anschliessend individuelle Behandlung, falls Reaktion ungenügend.

-         Dermatologie: Chronische Hautkrankheiten: Leichte bis mittelschwere Neurodermitis / seborrhoische Dermatitis u.ä., chronische/häufig rezidivierende Urticaria. Ein origineller Ansatz findet sich bei SCHWAB (1989).

-         Reproduktion früherer positiver Wirksamkeitsnachweise (mit Zerrformen der Homöopathie, vgl. 3.2.), beispielsweise

      Heuschnupfen-Studie von REILLY et al. 1986,

      Geburtshilfliche Studien und Sterilität (siehe 3.2.; HOCHSTRASSER/MATTMANN 1994),

      Senfgasstudie (PATERSON 1943).

 

4.2.3.b) Adaptation der Forschungsmethodik

 

Wie mehrfach betont, eignet sich die kontrollierte randomisierte Doppelblindstudie zur Erforschung komplexer psychosomatischer Phänomene, wie sie in einer homöopathischen Behandlung vorkommen, schlecht (KIENE 1993/94, HORNUNG 1996). Der Zwischenraum zwischen diesem Standardansatz der Schulmedizin und der zur Homöopathie passenden, aber wenig anerkannten Einzelfallstudie, ist auch heute noch dünn besiedelt. Wir stehen vor grossen Operationalisierungs-problemen, wie der erfahrene Homöopathieforscher WALACH (1994) feststellt. Sie zeigen sich auch in der übrigen Komplementärmedizin, in der Psychosomatik und Psychotherapie, ja sogar in der Schulmedizin, wo – entgegen gängiger Auffassung – nur ein kleiner Teil der Therapien wissenschaftlich einwandfrei untersucht ist (siehe HEUSSER 1998: Kriterien zur Beurteilung des Nutzens von komplementärmedizinischen Methoden, zH Bundesamt für Sozialversicherung / ELK, S.6).

 

Als unvollständige und nicht immer konforme Ideen möchte ich im Folgenden einige Möglichkeiten der Anpassung des Designs an den speziellen Forschungsgegenstand (Homöopathie, Komplementärmedizin) erwähnen. Die Auswahl der Methode muss sich auch hier nach der Fragestellung (Ziel, Zweck) und dem Adressaten ausrichten.

 

I. Retrospektive Verlaufsstudie (Fallpräsentation, Outcome-Studie)

Eine hinreichend grosse Zahl mittel- bis schwerer chronischer Krankheitsfälle, die zuvor nicht geheilt oder ungenügend behandelt geblieben sind, werden retrospektiv nach homöopathischer Behandlung untersucht. Die Darstellung könnte die Form einer retrospektiven Studie, aber auch der Fall- oder Patientenpräsentation vor einem Gremium annehmen und eine breite Auswahl oder alle Diagnosen umfassen. Damit würde auf unkonventionelle Art die reale Praxisbewährung der Homöopathie (WZW-Nachweis) im Sinne von „soft facts“ belegt. Aus langjähriger Erfahrung als Homöopath weiss ich, dass sich die Einstellung von Schulmedizinern der Homöopathie gegenüber stark verändert, wenn sie an Patienten die Wirksamkeit der Homöopathie im Sinne eines Erfahrungsbelegs miterleben können. Einzig mit einer solchen Studie wären auch die Möglichkeiten der Homöopathie bei schwereren chronischen Krankheiten zu belegen. Bei andern Studiendesigns würden solche Fälle wohl weggelassen, weil die Heilungschancen (z.B. bei einer chronischen Psychose) im Durchschnitt geringer sind als bei oberflächlicheren Krankheiten.

 

II. Prospektive Einzelfallstudien (Outcome studies, Versorgungsstudien)

 

Breit angelegte prospektive Verlaufsstudien/-dokumentationen werden in den letzten Jahren, v.a. in Deutschland, gleich mehrere durchgeführt. Die Uebergänge zur epidemiologischen Feldstudie sind dabei fliessend und mehrere Studiendesigns sind – mit jeweiligen Vor- und Nachteilen – prinzipiell möglich. Ziel ist dabei in der Regel nicht so sehr ein strenger Wirksamkeitsnachweis bei einer bestimmten Krankheit, sondern eine breite Datenerhebung, Untersuchung und Evaluation des Gesamtsystems Homöopathie (oder einer anderen Methode) in natürlicher Umgebung in Bezug auf relevante Faktoren für die Gesundheit und Gesundheitspolitik: zum Beispiel Effekte, Nutzen für Haupt-/Nebenleiden  und Gesamtgesundheit, Nebenwirkungen/Sicherheit, Patientenzufriedenheit, Lebensqualität, direkte und indirekte Kosten. Der Vorteil derartiger prospektiver Verlaufsstudien ist die praxisnahe Datengewinnung (hohe sog. externe Validität). Die Methode wird als Ganzes im realen Praxiskontext ohne experimentelle Veränderung der Interventionen (homöopathische Behandlung) untersucht.  

Bei chronischen Krankheiten sind für solche prospektive Studien genügend grosse Patientenzahlen über genügend lange Zeit zu fordern (z.B. 500 zuvor ungeheilte Fälle über 3 Jahre), entweder unter Zulassung aller Diagnosen oder unter Einschränkung auf einige breite Indikationsgebiete. Die Ein-, Ausschluss und Beurteilungskriterien (4.2.3.c) wären je nach Untersuchungsziel zu bestimmen, unter adäquater Berücksichtigung homöopathischer Gesichtspunkte.

 

Die folgenden Beispiele aktueller grossangelegter multizentrischer prospektiver Beobachtungsstudien im Bereich der Versorgungsforschung mit zum Teil über 1000 Patienten beinhalten etwas unterschiedliche Untersuchungsmethoden und Ziel-Schwerpunkte:

-           Das Erprobungsverfahren der Innungskrankenkassen (IKK) zu Homöopathie und Akupunktur (Walach et al., Deutschland): Effektivität, Kosten-Nutzen.

-           Die grosse Verlaufsbeobachtungsstudie von Witt, Willich et al. in Deutschland: Effektivität, Qualitätssicherung.

-           Das Modellprojekt der Innungskrankenkassen Hamburg von Witt, Willich et al.: Effektivität bei chronischen Krankheiten, Kosten-Nutzen-Effekt.

-           Der Modellversuch nach dem deutschen Sozialgesetzbuch von Moebus et al.: Eine retro- und prospektive Datenerhebung über Wirkung, Kosten.

-           Die Wisdoc-Studie von König in Oesterreich: Wirkung, Qualitätssicherung.

-           Die norwegische Studie von Steinsbekk: Effektivität.

-           Die internationalen IMDCN(Integrative Medicine Dat Collection Network)-Studien von Fischer, Haidvogl, Heger, Riley et al.: Effektivität, Kosten-Nutzen, Qualitätssicherung;

die „IIPCOS-Studie“ dieser Gruppe über die Wirksamkeit  bei 6 Akutbereichen. 

-           Die IDCCIM (International Data Collection Centres for Integrative Medicine)-Studien von Reilly et al. in Glasgow: Wirkung, Qualitätssicherung.

-           Die europäische SOCHOM-Studie (Koordination: van Wassenhoven): Effektivität, Kosten, Sicherheit.

 

Die bis heute vorliegenden Zwischen- und Schlussergebnisse aus diesen Studien sind aus homöopathischer Sicht alle erfreulich, kritisiert werden aber die zum Teil fehlenden oder mangelhaften Kontrollgruppen. Das ist eine wichtige und schwierige Frage: Ohne Vergleich mit einer Kontrollgruppe ist die sogenannte interne Validität der Studie aus Forschersicht kleiner als mit Vergleichsgruppe. Historische Kontrollgruppen aus der Literatur oder nur intraindividuelle Vergleiche (der selben Patienten vor und nach homöopathischer Behandlung) geniessen in Forscherkreisen weniger Vertrauenswürdigkeit als externe Kontrollgruppen. Die heikle Forschungsfrage lautet: also: Wie kann man in einer Studie strenge schulmedizinische Verlässlichkeitskriterien (randomisierte kontrollierte Studie) auf die Homöopathie anwenden, ohne die homöopathsche Behandlung durch ein störendes Design zu behindern? Eine Möglichkeit besteht vielleicht im kontrollierten Langzeitvergleich der  Gesamtbehandlung von 2 grossen Patientenkollektiven durch homöopathische versus schulmedizinische Hausärzte. 

 

 

III. Randomisierte kontrollierte Doppelblindstudien

Wie bereits ausführlich dargestellt wurde, sind Aufwand und Komplexität dieses Studiendesigns bei individueller homöopathischer Behandlung  von chronischen Krankheiten bzw. Langzeitverläufen extrem gross. Auch die homöopathische Intervention wird dabei zwangsläufig verändert. Je nach Anwendungsgebiet und Fragestellung sind solche Ansätze allenfalls noch in beschränktem Umfang bei Akutkrankheiten und in artifiziellen Designs (z.B. standardisierte Therapie) denkbar.

 

4.2.3.c) Spezielle homöopathische Kriterien

 

Neben üblichen Kriterien aus der klinischen Pharmakologie sind – abhängig vom gewählten Studienprojekt – spezielle homöopathische Kriterien zu überprüfen und allenfalls zu berücksichtigen. Hier eine sicher noch unvollständige Liste solcher möglicher Kriterien.

 

Einschlusskriterien:

-         Homöopathische Vorabklärung vor Studienbeginn/Mittelgabe über die „Eignung“ des Patienten (fehlende Ausschlusskriterien, intakte Regulationsfähigkeit, evtl. genügende Symptomenqualität), Prä-Selektion der homöopathischen Mittel.

 

Ausschlusskriterien:

-     Mögliche Störfaktoren und Antidote: starke oder viele Allopathika; andere invasive Begleittherapien; Anwendung starker ätherischer Oele; Konsum bzw. Missbrauch von Drogen, Kaffee, Alkohol; operative Eingriffe/Zahnarzt/Injektionen etc.; physikalische Einflüsse (Ultraschall, Elektrotherapie, Radiographie, Radiotherapie etc.)

-     Schwere kompromittierende Begleitkrankheiten (inkl. hierarchisch „höheren“ Krankheiten gemäss Hering’scher Regel), potenzielle Regulationsblockaden (z.B. Zahnwurzelabszesse, nicht saniertes Gebiss, hohes Alter), starke psychosoziale Stressfaktoren

-         Mangelnde Kooperation und sprachliche Ausdrucksfähigkeit.

 

Beurteilungs- und Verlaufskriterien:

-         Bei „chronischen“ Krankheiten: Beurteilung aller Haupt- und Nebendiagnosen inkl. Befindlichkeitsstörungen (Gesamtheit der Symptome unter Berücksichtigung der Hering’schen Regel), Nebenwirkungen, Auftreten und Verlauf interkurrenter Erkrankungen

-         Patientenbeurteilung: subjektives Befinden, Gesundheits- und Lebensqualität, Zufriedenheit

-         Arztbeurteilung: Gesamtbeurteilung inkl. homöopathischer Kriterien (evtl. 2 Aerzte), Mittelwahl korrekt?

-         Verbrauch von Allopathika, Berücksichtigung von Begleittherapien

-         Behandlungskosten (für Haupt- und Nebendiagnosen im Gesamtverlauf, Diagnostik und Laborkontrollen, Beizug von Spezialisten, Medikamente, Nebenwirkungen). Integrale Kosten-Nutzenanalyse: Einfluss auf soziale Kosten, Lebensprobleme, Ernährung (mittel- und langfristige Auswirkungen ganzheitlicher Therapie und Prophylaxe): Messmethodik?

 

Ressourcen:

Bei der Forschungsplanung sind die Rekrutierung von Finanzen, Patienten und qualifizierten Homöopathen sowie eine geeignete Forschungsinfrastruktur zu berücksichtigen.

 

 

 

Literatur

 

Die beiliegende Literaturliste (Beilage 4) stammt aus HALTER/RIGHETTI 1998/99: Klassische Homöopathie (Teil 1-3) – Zum Nachweis einer komplementärmedizinischen Methode, Schweiz. Zschr. Ganzheitsmedizin, Literaturliste in Teil 3, Heft 1/1999. (Ebenso in: HALTER/RIGHETTI 1997: Nachweis des Nutzens von komplementärmedizinischen Methoden: Klassische Homöopathie, zuhanden der Eidg. Leistungs- und Arzneimittelkommission des Bundesamtes für Sozialversicherung BSV.)

 

 

zurück